26.04.2013


Quelle: Schloss Varenholz

„Schindlers Liste“ rettete ihm das Leben - Überlebender des Holocaust berichtet in der Realschule Schloss Varenholz über sein bewegendes Schicksal

Der heute 83-jährige Michael Emge hat unvorstellbares Leid ertragen. Er überlebte den Aufenthalt in mehreren Konzentrationslagern, weil er als eines der wenigen Kinder auf „Schindlers Liste“ stand. Gemeinsam mit Angela Krumpen, Hörfunkjournalistin und Buchautorin, die die Geschichte des Holocaust-Überlebenden in dem Buch „Spiel mir das Lied vom Leben“ veröffentlicht hat, berichtete er in der Privaten Realschule Schloss Varenholz im Rahmen einer zweistündigen Reise in die Vergangenheit über seine schrecklichen Erlebnisse.

Die Schülerschaft der Realschule wie auch die pädagogischen Fachkräfte aus Schule und Internat lauschten gebannt den teilweise erschütternden Erzählungen Emges. Während Angela Krumpen die Chronologie der Ereignisse durch Erklärungen, Bild- und Tondokumente sowie durch das Vorlesen kurzer Passagen aus ihrem Buch verdeutlichte, ließ Michael Emge immer wieder seinen ganz persönlichen Gefühlen und Erinnerungen freien Lauf, wenn er zu bestimmten Begebenheiten in seiner grausigen Kindheit befragt wurde.

Michael Emge war 9 Jahre alt, als Hitler Polen überfiel. Er lebte mit seiner Familie in der Nähe von Krakau. Mit Beginn des Zeiten Weltkrieges wurden sie im Ghetto Bochnia interniert. Von den ursprünglich 16270 Insassen dieses Ghettos überlebten nur 95 den Holocaust. Dass Emge zu den Überlebenden zählte, verdankte er in erster Linie dem Kommandanten des Ghettos, Franz Müller, um dessen Hund „Rex“ er sich kümmern durfte.
Von hier aus wurde der mittlerweile 12-jährige Emge mit seiner Familie in das Konzentrationslager Plaszow, südöstlich von Krakau, deportiert. Während seine Mutter in der Fabrik des Industriellen Oskar Schindler arbeitete, wurden er und sein Vater den Lagerwerkstätten zugeteilt. Nachdem ihm auch hier wenig später die Versorgung der Hunde übertragen worden war, führte ihn sein Weg zu den Hundezwingern regelmäßig an der Villa des berüchtigten Lagerkommandanten Amon Göth vorbei. Dieses erwies sich als lebensgefährliches Unterfangen, da Göth sich einen Spaß daraus machte, von seinem Balkon aus Juden zu erschießen, die sich seiner Meinung nach nicht schnell genug bewegten.

„Schindlers Liste“, auf der auch seine Name verzeichnet war, rettete Emge schließlich im Konzentrationslager Plaszow das Leben. Im Rahmen einer Selektion sollten 700 Kinder in die Gaskammern geschickt werden. Emge war nicht dabei, weil er auf der Liste stand und deshalb nicht am Kinderappell teilnehmen musste. Stattdessen führte ihn ein Unteroffizier zu den Hundezwingern, wo er sich um die Tiere kümmern sollte.
Nachdem Emges Vater aus Plaszow abgeholt, sein Bruder spurlos verschwunden und seine Mutter nach Auschwitz deportiert worden war, wurde Emge in Schindlers Munitionsfabrik nach Brünnlitz in Oberschlesien verlegt. Seiner Familie beraubt, verlor er seinen letzten Halt. Er erkrankte schwer an Thyphus, wurde jedoch von Oberschlesiern versteckt und so vor dem sicheren Tod bewahrt. Am Ende des Krieges, im Alter von 15 Jahren, ist Michael Emge befreit worden. Er wog noch 27 Kilogramm, von insgesamt 65 Familienangehörigen war er der einzige Überlebende.

Seit 1993, als Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“ in die Kinos kam, berichtet Michael Emge in Vorträgen über seine Lebensgeschichte. „Ich habe mich darüber geärgert, dass dieser Film nichts mit der Wahrheit zu tun hat. Deshalb habe ich beschlossen zu erzählen, wie es wirklich war.“, so Emge. Seiner Meinung nach war Schindler in erster Linie ein Geschäftsmann, der an billigen Arbeitskräften interessiert war, jedoch so gut wie keinen Kontakt zu Juden hatte. Dank gebührt laut Emge vorrangig Schindlers Buchhalter Itzhak Stern: „Er war der einzig Anständige in der Clique um Oskar Schindler. Ihm verdanken die Juden auf Schindlers Liste ihr Überleben.“

Auf die abschließende Frage des 15-jährigen Schülers Kai, wie er all das Grauen verarbeitet habe, antwortet Emge nachdenklich: „Bis heute bin ich kein glücklicher, aber ein zufriedener Mensch“.

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